Viele Rätsel beanspruchen für sich, eines der schwierigsten (oder das schwierigste) Rätsel der Welt oder aller Zeiten zu sein.
Auch das Logikrätsel der drei Götter gehört dazu, welches vom Philosophen George Boolos in The Harvard Review of Philosophy unter dem treffenden Titel The Hardest Logic Puzzle Ever veröffentlich wurde. Die Originalpublikation gibt es hier als pdf.
Wir werden uns dieses Rätsel im Folgenden ansehen.
Aber Achtung: Dieses Rätsel ist so schwierig, dass es bereits eine Herausforderung ist, die Lösung auch nur nachzuvollziehen!
Das Rätsel der drei Götter
Auf dem Planeten Logica herrschen die drei Götter Wee, Ell und Zet.
Der Gott der Wahrheit Wee spricht stets die Wahrheit.
Der Gott der Lüge Ell spricht niemals die Wahrheit.
Der Gott des Zufalls Zet entscheidet zufällig, ob er die Wahrheit spricht oder lügt.
Eines Tages erscheinen die drei Götter ihrem Volk in Person. Jedoch kannte bis zu diesem Zeitpunkt niemand ihr Aussehen.
Die Götter verlangen von ihrem Volk, dass es sich ihrer würdig erweist, indem es durch logische Schlussfolgerungen korrekt zuordnet, welcher der drei Götter Wee, welcher Ell und welcher Zet ist.
Dazu darf das Volk seinen Göttern drei ja-nein-Fragen stellen. Dabei darf stets nur ein Gott gleichzeitig angesprochen werden. Einem Gott dürfen jedoch bei Bedarf durchaus auch mehrere Fragen gestellt werden (und damit auch einem Gott gar keine).
Zwar verstehen die Götter die Sprache des Volkes (z. B. Deutsch), sprechen jedoch ihre ganz eigene göttliche Sprache und werden die Fragen des Volkes daher auch in dieser beantworten.
Dem Volk ist lediglich bekannt, dass die beiden Wörter “ja” und “nein” in dieser göttlichen Sprache “ozo” und “ulu” heißen. Das Volk weiß jedoch nicht, welches dieser beiden Wörter “ja” und welches “nein” heißt.
Wie kann das Volk durch 3 ja-nein-Fragen zuordnen, welcher der drei Götter der Gott der Wahrheit, welcher der Gott der Lüge und welcher der Gott des Zufalls ist?
Lösung
Auf den ersten Blick stellt man sich vermutlich die Frage, ob dieses Rätsel denn überhaupt lösbar sein kann. Denn wie kann man Informationen aus der Antwort auf eine Frage ziehen, wenn man sich nicht sicher sein kann, ob die Antwort der Wahrheit oder der Unwahrheit entspricht?
Der Schlüssel liegt genau darin, die Fragen so zu formulieren, dass jede Antwort (die nicht zufällig erfolgt) zwangsläufig nützliche Informationen enthalten muss, unabhängig davon, ob die Antwort nun die Wahrheit oder eine Lüge ist.
Schritt 0: “ozo” und “ulu” Zunächst widmen wir uns dem Problem, dass wir nicht wissen, welches der beiden Wörter “ja” und welches “nein” bedeutet.
Dieses Problem lässt sich umgehen, indem wir diese Wörter (oder zumindest eines davon) in die Frage selbst einbauen. Kombinieren wir diese Idee mit einer geschickten “wenn”-Bedingung, eliminieren wir die Ambiguität durch die Wortbedeutungen.
Dafür bauen wir jede Frage wie in folgendem Beispiel auf.
Beispiel: Frage: “Wenn wir dich fragen würden, ob 2+2 gleich 4 ist, würdest du mit “ozo” antworten?”
Sehen wir uns an, was jeweils für welche Bedeutung des Wortes “ozo” geschehen würde, um die Vorteile einer solchen Formulierung einzusehen.
Fall 1: “ozo” heißt “ja”(und “ulu” heißt “nein”) Folgende Antworten würden wir erhalten, je nachdem, welchem der drei Götter wir diese Frage gestellt haben:
Frage: “Wenn wir dich fragen würden, ob 2+2 gleich 4 ist, würdest du mit “ozo” antworten?”
Fall 1 (a): Der befragteGott ist Wee Wee würde die Frage “Ist 2+2=4?” mit “ozo” (“ja”) beantworten.
Da er als Gott der Wahrheit diese Frage also offen bejahen würde, antwortet er auf die zusammengesetzte Frage mit “Ozo.” (“ja”).
Übersetzt: “Ja, ich würde auf diese Frage mit “ja” antworten.” (Wahrheit)
Fall 1 (b): Der befragte Gott ist Ell Ell würde die bloße, direkte Frage “Ist 2+2=4?” mit “ulu” (“nein”) beantworten, denn er als Gott der Lüge würde die Frage nach dieser wahren Tatsache verneinen.
Fragt man ihn nun also, ob er diese Basis-Frage “Ist 2+2=4?” mit “ozo” (also “ja”) beantworten würde, wäre die ehrliche Antwort eigentlich “ulu” (“nein”).
Daher antwortet er in Wirklichkeit also “Ozo.” (“ja”), um wieder zu lügen.
Übersetzt: “Ja, ich würde auf diese Frage mit “ja” antworten.” (Lüge, denn er würde eigentlich mit “nein” antworten)
Sowohl der Gott der Wahrheit als auch der Gott der Lüge beantworten die Frage in diesem Beispiel also mit “ozo”.
Wir betrachten nun noch Fall 2 mit vertauschten Wortbedeutungen, bevor wir untersuchen, welchen Gewinn uns dies letztlich bringt.
Fall 2: “ozo” heißt “nein” (und “ulu” heißt “ja”) Was geschieht, wenn wir dieselbe Frage stellen und die Bedeutungen von “ozo” und “ulu” im Vergleich zu Fall 1 vertauscht sind?
Frage: “Wenn wir dich fragen würden, ob 2+2 gleich 4 ist, würdest du mit “ozo” antworten?”
Fall 2 (a): Der befragte Gott ist Wee Wee würde die isolierte Frage “Ist 2+2=4?” mit “ulu” (“ja”) beantworten.
Er würde diese Basis-Frage also wahrheitsgemäß mit “ulu” bewerten und damit nicht mit “ozo” beantworten. Daher antwortet er auf die zusammengesetzte Frage (wieder wahrheitsgemäß) “Ozo.” (“nein”).
Übersetzt: “Nein, ich würde auf diese Frage nicht mit “nein” antworten, sondern mit “ja”. (Wahrheit)
Fall 2 (b): Der befragteGott ist Ell Ell würde die direkte Frage “Ist 2+2=4?” mit “ozo” (“nein”) beantworten, um zu lügen.
Er müsste die zusammengesetzte Frage, ob er auf “Ist 2+2=4?” mit “ozo” (“nein”) antworten würde, damit ehrlicherweise eigentlich mit “ulu” (“ja”) beantworten.
Da er jedoch lügt, kehrt er seine Antwort nochmals um in “Ozo.” (“nein”).
Übersetzt: “Nein, ich würde auf diese Frage nicht mit “nein” antworten.” (Lüge, denn eigentlich würde er mit “nein” anworten.)
Auch in diesem Fall antworten also sowohl der Gott der Wahrheit als auch der Gott der Lüge wieder mit “ozo”.
Was bringt dieses Konstrukt der zusammengesetzten Fragen? Für die obige Beispielfrage “Wenn wir dich fragen würden, ob 2+2 gleich 4 ist, würdest du mit “ozo” antworten?” mit einer wahren Aussage (2+2=4) in der Bedingung, antworten sowohl Wee als auch Ell beide mit “ozo”.
Ganz ähnlich verhält es sich, wenn die Bedingung falsch wäre. Eine entsprechende Frage wäre beispielsweise “Wenn wir dich fragen würden, ob 2+2 gleich 5 ist, würdest du mit “ozo” antworten?”.
Hier würden sowohl der Gott der Wahrheit als auch der Gott der Lüge jeweils “ulu” antworten, egal welches der beiden Wörter “ja” und welches “nein” bedeutet.
Zusammenfassend: “Wenn wir dich fragen würden, ob [wahre Aussage], würdest du mit “ozo” antworten?” Wee bzw. Ell: “Ozo.”
“Wenn wir dich fragen würden, ob [falsche Aussage], würdest du mit “ozo” antworten?” Wee bzw. Ell: “Ulu.”
Ohne zu wissen, ob “ozo” und “ulu” jeweils “ja” oder “nein” heißen, können wir also mit so konstruierten Fragen den Wahrheitsgehalt einer Aussage dennoch in Erfahrung bringen.
Die drei Fragen Der Plan funktioniert nun wie folgt: 1. Identifiziere einen Gott, der nicht Zet ist. 2. Finde heraus, ob dieser Gott Wee oder Ell ist. 3. Lasse diesen Gott einen der anderen beiden Götter identifizieren.
Schritt 1: Ziel ist es also zunächst, einen Gott ausfindig zu machen, der garantiert nicht Zet ist.
Wir fragen dazu den Gott in der Mitte, ob der linke Gott Zet ist:
“Wenn wir dich fragen würden, ob der linke Gott Zet ist, würdest du mit “ozo” antworten?”
Es können nun zwei Dinge passieren:
Fall 1:Der mittlere Gott ist selbst Zet. In diesem Fall ist seine Antwort bedeutungslos.
Fall 2: Der mittlere Gott ist nicht Zet. Damit ist der mittlere Gott entweder Wee oder Ell.
Wie wir oben gesehen haben, antworten die beiden Götter Wee und Ell beide mit “ozo”, wenn die hypothetische Frage wahr ist und mit “ulu”, wenn sie falsch ist.
Wir sehen uns an, was wir aus beiden Antworten jeweils schlussfolgern können.
Fall (a): Die Antwort ist “ozo”. In diesem Fall können wir sicher sagen, dass der rechte Gott nicht Zet ist, denn: Fall 1: Der Gott in der Mitte ist Zet (nach Fallannahme). Fall 2: Der Gott in der Mitte ist nicht Zet und Zet ist links (denn die Antwort “ozo” von Wee oder Ell bedeutet, die hypothetische Annahme, dass Zet links ist, stimmt.)
Fall (b): Die Antwort ist “ulu”. In diesem Fall können wir sicher sagen, dass der linke Gott nicht Zet ist, denn: Fall 1: Der Gott in der Mitte ist Zet (nach Fallannahme). Fall 2: Der Gott in der Mitte ist nicht Zet und Zet ist rechts (denn die Antwort “ulu” von Wee oder Ell bedeutet, die hypothetische Annahme, dass Zet links ist, stimmt nicht.)
Schritt 2: Wir wenden uns nun an denjenigen Gott, von dem wir nach Schritt 1 wissen, dass er definitiv nicht Zet ist. Wir müssen also nun herausfinden, ob es sich bei diesem Gott um Wee oder Ell handelt.
Dies bewerkstelligen wir durch folgende Frage an ihn: “Wenn wir dich fragen würden, ob du Ell bist, würdest du mit “ozo” antworten?”
Wir wissen, dass diese hypothetische Frage einmal falsch und einmal wahr ist.
Fall 1:Der befragte Gott ist Wee “Wenn wir dich fragen würden, ob du Ell bist, würdest du mit “ozo” antworten?” Dann lautet die Antwort auf diese zusammengesetzte Frage (mit einer unwahren Basis-Frage) “ulu”.
Fall 2:Der befragte Gott ist Ell “Wenn wir dich fragen würden, ob du Ell bist, würdest du mit “ozo” antworten?” Dann lautet die Antwort auf diese zusammengesetzte Frage mit einer wahren Basis-Frage “ozo”.
Antwortet der befragte Gott also mit “ulu”, so handelt es sich bei ihm um Wee, antwortet er mit “ozo”, so handelt es sich bei ihm um Ell.
Damit haben wir also einen der drei Götter (links oder rechts) zweifelsfrei als Wee oder Ell identifiziert.
Schritt 3: Wir fragen diesen Gott nun, ob es sich beim mittleren Gott um Zet handelt.
“Wenn wir dich fragen würden, ob der mittlere Gott Zet ist, würdest du mit “ozo” antworten?”
Fall 1: Die Antwort ist “ozo” Dann ist der mittlere Gott tatsächlich Zet und der verbleibende äußere Gott ist dann der noch übrige Wee bzw. Ell.
Fall 2: Die Antwort ist “ulu” Dann ist der mittlere Gott nicht Zet. Damit ist Zet der andere äußere Gott und in der Mitte befindet sich der noch verbleibende Wee bzw. Ell.
Damit sind also in jedem Fall alle drei Götter zweifelsfrei als Gott der Wahrheit, Gott der Lüge und Gott des Zufalls identifiziert.
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