“Eine Münze zu werfen ist sowas von 2006”, denkt sich Gloria, die Gastgeberin des Mädels-Spieleabends. Stattdessen hat sie sich eine alternative Methode überlegt, die ein wenig mehr Spaß verspricht.
Die Spielregeln
Statt eine Münze zu werfen, spielen zwei Spieler A und B ein Minispiel gegeneinander. Das Spiel funktioniert folgendermaßen:
• Spieler A schreibt auf zwei Zettel jeweils (verdeckt) eine ganze Zahl, beispielsweise -6 auf den einen und 13 auf den anderen. Spieler B kennt also keine der beiden (verschiedenen) Zahlen.
• Dann deckt Spieler A eine der beiden Zahlen auf, beispielsweise die 13.
• Spieler B muss nun raten, ob die bereits aufgedeckte Zahl (13) die größere oder die kleinere der beiden Zahlen ist. Rät er richtig, gewinnt er, rät er falsch, so verliert er den “Münzwurf”.
Abgesehen von psychologischen Tricks:
Ist diese Auswahlmethode fair oder kann sie von einem der beiden Spieler zu seinen Gunsten ausgenutzt werden?
Lösung
Der ratende Spieler B kann sich einen Vorteil verschaffen, durch den er in gewissen Fällen sicher gewinnt, aber in keinem Fall einen Nachteil erleidet.
Die Idee:
Spieler A denkt sich gemäß Regeln zwei (verschiedene) ganze Zahlen x und y aus.
Spieler B sucht sich vor dem Aufdecken der ersten Zahl eine beliebige ganze Zahl aus und addiert dazu 0,5. Damit erhält er beispielsweise 8,5. Mit Hilfe dieser Zahl, nennen wir sie a , hält sich Spieler B nach dem Aufdecken der ersten Zahl an folgende einfache Regel:
Ist die aufgedeckte Zahl kleiner als a , so sagt er, dass die aufgedeckte Zahl die kleinere der beiden Zahlen ist. Ist die aufgedeckte Zahl größer als a , so rät er, dass die aufgedeckte Zahl die größere der beiden Zahlen ist.
Warum bringt das einen Vorteil?
Dazu betrachten wir die drei möglichen Fälle.
Fall 1:(50/50) x und y sind beide kleiner als a .
Die aufgedeckte Zahl (egal ob x oder y aufgedeckt wird) ist damit kleiner als a . In diesem Fall rät Spieler B gemäß seiner Entscheidungsregel, dass die aufgedeckte Zahl die kleinere ist. Das stimmt zu 50 % (je nachdem ob Spieler A die kleinere oder größere Zahl zuerst aufdeckt) und verschafft weder einen Vorteil noch einen Nachteil.
Fall 2:(50/50) x und y sind beide größer als a .
Die aufgedeckte Zahl (egal ob x oder y aufgedeckt wird) ist sicher größer als a In diesem Fall rät Spieler B gemäß seiner Entscheidungsregel, dass die aufgedeckte Zahl die größere ist. Auch das stimmt wieder zu 50 % und verschafft weder Vorteil noch Nachteil.
Fall3:(Sicher gewonnen) x ist kleiner als a und y ist größer als a (oder umgekehrt).
Wird zuerst die größere Zahl aufgedeckt (im Beispiel die 13), so ist diese auch größer als a (im Beispiel 8,5) und Spieler B sagt plangemäß, dass dies die größere der beiden Zahlen von Spieler A ist, was nach Fallvoraussetzung stimmt (denn 13 ist größer als -6).
Wird zuerst die kleinere Zahl aufgedeckt (im Beispiel die -6), so ist diese auch kleiner als a (im Beispiel 8,5) und Spieler B sagt wieder ganz nach Plan, dass dies die kleinere der beiden Zahlen ist, was nach Fallvoraussetzung stimmt (denn -6 ist kleiner als 13).
Der ratende Spieler B verschafft sich mit dieser Taktik also einen statistischen Vorteil. Er gewinnt automatisch, sobald seine ausgedachte Zahl a zwischen den beiden Zahlen von Spieler A liegt.
Aber:
Spieler A kann diesen Vorteil minimieren, indem er beispielsweise zwei benachbarte Zahlen aufschreibt, die idealerweise auch noch sehr weit entfernt von der 0 liegen und “krumm” sind.
Wählt Spieler A beispielsweise 13.059.991.014 und 13.059.991.015, so müsste Spieler B als a schon zufälligerweise 13.059.991.014,5 gewählt haben, damit Fall 3 eintritt, der ihm den Vorteil verschafft.
Das ist aber ein in der Praxis psychologischer Vorteil, den Fall 3 ist bei weitem der unwahrscheinlichste aus einem einfachem Grund:
Ausgehend davon x>y (funktioniert umgekehrt natürlich genau so).
Damit er eintreten kann, muss a = y und es gibt unendlich viele Zahlen die kleiner sind als y.
Es gibt aber nur eine endliche Menge an ganzen Zahlen die zwischen x und y liegen können.
Die Chance das also a so gewählt wurde das Fall 3 eintritt ist infinitesimal klein, während Fall 1 und 2 praktisch jeweils 0,5 sind.
Schlimmer noch: Wie bereits in einem anderem Paradoxon gezeigt ist 0,49999(Periode) = 0,5.
Das bedeutet das Fall 3 praktisch unmöglich ist.
In der Praxis ist das natürlich anders weil
1. Man über die Dauer des Schreibens eine Idee des Betrages der Zahlen erhalten könnte.
2. Man sowieso Zahlen nehmen würde, die wenn man beim schreiben beobachtet wird möglichst ähnlich wären (und deswegen möglichst nah beieinander wären.
3.Psychologische Tricks jedweder Art so viel wirkungsvoller wären, dass selbst unter Fremden diese Entscheidungshilfe nicht signifikant helfen kann.
(Im Gegenteil, man hat eine hohe Wahrscheinlichkeit a nach einem persönlich Grund (Lieblingszahl etc.) zu wählen, während das bei zwei Zahlen viel unwahrscheinlicher vorkommt
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