Auf einer abgelegenen Gefängnisinsel irgendwo im pazifischen Ozean befinden sich 300 Häftlinge in Gewahrsam. Von diesen 300 Gefangenen haben 100 Personen grüne Augen, 100 braune und 100 haben blaue Augen.
Doch keiner der Gefangenen kennt seine eigene Augenfarbe. Es gibt keine reflektierenden Oberflächen und niemandem ist die Kommunikation mit Mithäftlingen in irgendeiner Form gestattet.
Bei den Häftlingen handelt es sich jedoch um perfekte Logiker. Das heißt, jeder von ihnen handelt vollkommen rational und alle Schlüsse, die in Bezug auf die Augenfarbe gezogen werden können, werden auch korrekt gezogen.
Die Begnadigung
Als die Tochter des Gefängnisdirektors ihren Vater auf der Insel besucht, erweicht ihr Herz beim Anblick der Häftlinge. Da sie von ihrem Vater so geliebt wird, gelingt es ihr, ihn mit ihren großen, grünen Augen zu überreden, einige der Gefangenen zu begnadigen. Und so verkündet er:
“Jeder Häftling darf bei Mitternacht eines jeden Tages um seine Freilassung bitten. Hat der ersuchende Häftling grüne Augen, so darf er die Insel unverzüglich verlassen. Hat er jedoch keine grüne Augen, so wird er unverzüglich in den Vulkan geworfen.”
Als seine Tochter einige Tage später wieder zum Festland aufbricht, richtet sie vorher noch einige Worte an die Gefangenen, die sich (wie jeden Tag) auf dem Hof versammeln müssen.
“Gebt die Hoffnung nicht auf. Mindestens einer von euch hat grüne Augen!“
Welche Gefangenen verlassen die Insel (und wann)?
Hinweis
Was würde jeweils geschehen, wenn es neben den 100 braunäugigen und 100 blauäugigen Häftlingen nur einen Gefangenen mit grünen Augen gäbe?
Was wäre, wenn es zwei grünäugige Häftlinge gäbe?
Was würde es sich mit drei grünäugigen Häftlingen verhalten?
Lösung
Alle Gefangenen mit grünen Augen verlassen die Insel in der 100. Nacht nach der Ansprache der Tochter des Direktors.
Um dieses erstaunliche Resultat nachvollziehen zu können, betrachten wir zunächst einfachere Fälle.
Was würde also geschehen, wenn es neben den 100 braunäugigen und 100 blauäugigen Häftlingen deutlich weniger Gefangene mit grünen Augen gäbe?
Fall 1: Ein Häftling mit grünen Augen Der Häftling mit den grünen Augen kann alle Mithäftlinge bei der täglichen Zusammenkunft begutachten. Da von den 201 Gefangenen 100 braune und 100 blaue Augen haben und er nun weiß, dass es mindestens eine Person mit grünen Augen gibt, kann er daraus schließen, dass er selbst grüne Augen haben muss.
Der Häftling mit den grünen Augen würde in diesem Fall also um Mitternacht um seine Freigabe bitten und die Insel in der ersten Nacht verlassen.
Fall 2: Zwei Häftlinge mit grünen Augen Wir gehen nun also beispielhaft von 202 Gefangenen aus, wobei zwei unter ihnen grüne Augen haben. Nennen wir diese beiden Häftlinge A und B.
Häftling A begutachtet seine Mithäftlinge und zieht folgende Bilanz: 100× braune Augen 100× blaue Augen 1× grüne Augen (Häftling B) 1× unbekannt (er selbst)
Er geht also sicherheitshalber davon aus, dass Häftling B der einzige mit grünen Augen ist und riskiert es demzufolge nicht, um seine Entlassung zu bitten. Unter dieser Annahme müsste Häftling B die Insel in der kommenden Nacht verlassen (siehe Fall 1).
Ganz analog beurteilt auch Häftling B diese Situation und nimmt sicherheitshalber an, dass Häftling A die einzige Person mit grünen Augen ist und deshalb in der ersten Nacht die Insel verlässt.
Am nächsten Morgen sind allerdings sowohl Häftling A als auch Häftling B noch immer auf der Insel. Dies muss also bedeuten, dass es mindestens zwei Häftlinge mit grünen Augen geben muss, denn ansonsten wäre Fall 1 eingetreten und die einzig grünäugige Person bereits verschwunden.
Da nun beiden klar ist, dass es mindestens zwei Häftlinge mit grünen Augen gibt und 200 der 202 Personen braune oder blaue Augen haben, folgern die Häftlinge A und B sofort, dass sie selbst grüne Augen haben müssen.
Sie verlassen die Insel also gemeinsam in der zweiten Nacht.
Fall 3: Drei Häftlinge mit grünen Augen Wir sehen uns nun noch an, was im Falle dreier grünäugiger Häftlinge, nennen wir sie A, B und C, geschieht. Insgesamt haben wir also 203 Insassen.
Wir versetzen uns exemplarisch in die Gedankenwelt von Häftling A.
Bei der täglichen Versammlung stellt er folgende Situation fest: 100× braune Augen 100× blaue Augen 2× grüne Augen (Häftlinge B und C) 1× unbekannt (er selbst)
Um nicht zu riskieren, in den Vulkan geworfen zu werden, geht Häftling A davon aus, dass es nur zwei grünäugige Personen auf der Insel gibt.
Nach den Überlegungen aus Fall 2 geht Häftling A also davon aus, dass die beiden Häftlinge B und C die Insel in der zweiten Nacht verlassen werden.
Da sie jedoch auch am dritten Tag bei der Versammlung erscheinen, weiß Häftling A, dass es mindestens drei grünäugige Gefangene geben muss. Nach dem Ausschlussverfahren muss aber er selbst diese dritte grünäugige Person sein.
Analog dazu handeln auch die beiden anderen grünäugigen Häftlinge B und C.
In der dritten Nacht verlassen alle drei Häftlinge mit grünen Augen gemeinsam die Insel.
Diese Argumentation lässt sich beliebig fortsetzen. So gelangt man insbesondere auch zum Fall mit 100 grünäugigen Häftlingen.
Diese warten dann 99 Nächte, um sicherzugehen, dass es mindestens 100 Personen mit grünen Augen gibt, um dann in der 100. Nacht gemeinsam die Insel zu verlassen.
Eine Antwort zu „Die Insel der Grünen Augen (****)“
St.Ungulant
Ich habe mir bei diesem Rätsel die Frage gestellt, ob die Häftlinge wissen, dass es jeweils 100 Personen von jeder Augenfarbe gibt. Dann wäre die Lösung aber sehr einfach 🙂
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