Hilberts Hotel ist ein mathematisches Gedankenexperiment, benannt nach dem deutschen Mathematiker David Hilbert (1862 – 1943). Es veranschaulicht die kontraintuitive Natur des Unendlichkeitskonzepts.
Hilberts Hotel der Unendlichkeit
Hilberts Hotel hat unendlich viele Zimmer. Allerdings ist das Hotel bei den Leuten so beliebt, dass jedes dieser Zimmer bereits von einem Gast belegt ist.
Dennoch reisen weitere Gäste an, die gerne in Hilberts Hotel einchecken würden.
Der Rezeptionist hat von Hotelier Hilbert die strikte Anweisung erhalten, niemals einen Gast fortzuschicken.
Folgende Situationen müssen gelöst werden:
a) Ein einzelner neuer Gast möchte in Hilberts Hotel einchecken.
b) Ein Bus mit unendlich vielen neuen Gästen trifft ein, dessen Fahrgäste alle in Hilberts Hotel übernachten möchten.
c) Unendlich viele Busse mit jeweils unendlich vielen neuen Gästen treffen ein, deren Passagiere allesamt in Hilberts Hotel einchecken möchten.
Wie lassen sich die zusätzlichen Gäste in den drei Situationen jeweils in Hilberts Hotel unterbringen, obwohl alle der unendlich vielen Zimmer bereits belegt sind?
(Alle Zimmer sind Einzelzimmer.)
Lösung
Tatsächlich ist es möglich, die drei Situationen in diesem Gedankenexperiment zu lösen.
Die Teilaufgaben sind nach zunehmendem Schwierigkeitsgrad geordnet und werden nun nacheinander untersucht.
Hinweis: Die folgenden Lösungsvorschläge könnten auf den ersten Blick unbefriedigend wirken und sich wie Schummelei anfühlen. Allerdings sind sie mathematisch und logisch vollkommen legitim. Und genau das war Hilberts Intention: den kontraintuitiven Charakter der Unendlichkeit zu verdeutlichen.
Lösungsweg:
Zunächst nummerieren wir alle Zimmer durch. Außerdem bekommt jeder Gast, der bereits in Hilberts Hotel eingecheckt war ebenfalls eine Nummer, nämlich genau die seines Zimmers.
Ausgangssituation: Gast 1 wohnt in Zimmer 1. Gast 2 wohnt in Zimmer 2. Gast 3 wohnt in Zimmer 3. …
a) Ein einzelner neuer Gast
Der Rezeptionist bittet jeden der bereits untergebrachten Gäste, ein Zimmer weiter zu ziehen. Damit sieht der Belegungsplan nun folgenermaßen aus:
Gast 1 wohnt nun in Zimmer 2. Gast 2 wohnt nun in Zimmer 3. Gast 3 wohnt nun in Zimmer 4. …
Allgemein ausgedrückt zieht Gast n also in Zimmer n+1.
Ein solches Zimmer wird es immer geben, da jede natürliche Zahl einen Nachfolger hat. So etwas wie einen letzten Gast, der kein Zimmer mehr bekommen würde, gibt es nicht!
Wir stellen dabei auch fest, dass Zimmer 1 nun unbewohnt ist! Hier kann der Rezeptionist den neuen Gast also problemlos unterbringen.
Fazit: “\infty + 1 =\infty“
b) Ein Bus mit unendlich vielen neuen Gästen
Der Rezeptionist bittet jeden der bereits untergebrachten Gäste in das Zimmer mit der doppelten Nummer umzuziehen. Dann ergibt sich folgender Belegungsplan:
Gast 1 wohnt nun in Zimmer 2. Gast 2 wohnt nun in Zimmer 4. Gast 3 wohnt nun in Zimmer 6. …
Allgemein ausgedrückt zieht ein Gast n in das Zimmer mit der Nummer 2 \cdot n um.
Auch hier wird keiner der ursprünglichen Gäste leer ausgehen, da auch das Doppelte jeder natürlichen Zahl wieder eine natürliche Zahl (“kleiner unendlich”) ist.
Durch diese Umbuchung werden also alle Zimmer mit ungeraden Nummern frei. Da es unendlich viele Zimmer mit ungeraden Nummern gibt (so wie es auch unendlich viele ungerade Zahlen gibt), finden die unendlich vielen neuen Gäste in diesen bequem Platz.
Fazit: “2 \cdot \infty =\infty“
c) Unendlich viele Busse mit jeweils unendlich vielen neuen Gästen
Wie wir in Teilaufgabe b) bereits gesehen haben, können wir unendlich viele freie Zimmer beschaffen. Aber Achtung!
Es gibt verschieden “starke” Unendlichkeiten, je nach Anzahl der Elemente, die sie beinhalten.
Die “schwächste” Unendlichkeit ist die abzählbare Unendlichkeit. Ein Beispiel dafür sind die natürlichen Zahlen \mathbb{N}=\{1,2,3,4,\dots\}, die sich der Reihe nach durchzählen lassen. Aber auch die ganzen Zahlen \mathbb{Z}=\{0,\pm1,\pm2,\pm3,\dots\} lassen sich vollständig durchzählen, auch wenn man dabei hin und her “springen” muss (0,+1,-1,+2,-2,+3,-3,\dots).
Zurück zu Hilberts Hotel: Wir haben also in Teilaufgabe b) abzählbar viele freie Zimmer organisiert. Jetzt müssen wir aber noch zeigen, dass (abzählbar) unendlich mal (abzählbar) unendlich viele neue Gäste insgesamt auch wieder nur abzählbar viele sind.
Das lässt sich graphisch sehr elegant zeigen:
Wir benutzen das Diagonalargument von Cantor.
Durch die eingezeichneten Pfeile sehen wir sofort, wie wir alle Fahrgäste durchzählen (und damit durchnummerieren) können.
Die Menge aller Fahrgäste ist damit abzählbar und wir finden für jeden Fahrgast folgendermaßen ein Zimmer:
Bus 1, Gast 1 zieht in das 1. freie Zimmer (also Zimmer 1). Bus 1, Gast 2 zieht in das 2. freie Zimmer (also Zimmer 3). Bus 2, Gast 1 zieht in das 3. freie Zimmer (also Zimmer 5). Bus 1, Gast 3 zieht in das 4. freie Zimmer (also Zimmer 7). Bus 2, Gast 2 zieht in das 5. freie Zimmer (also Zimmer 9). Bus 3, Gast 1 zieht in das 6. freie Zimmer (also Zimmer 11). Bus 1 Gast 4 zieht in das 7. freie Zimmer (also Zimmer 13). …
Auf diese Weise erwischen wir wirklich jeden Fahrgast und können ihm eineindeutig sein neues Zimmer zuweisen.
Anmerkung: Ganz ähnlich zeigt man im Übrigen, dass auch die rationalen Zahlen \mathbb{Q} nur abzählbar unendlich sind. An die Stelle von “Bus” und “Gast” treten dabei ganz einfach Zähler und Nenner!
Auf Wikipedia findest du mehr zu abzählbaren Mengen.
Vielen Dank für die Rückmeldung, ich werde es jetzt als Hinweis hinzufügen. Allerdings nur als optionalen Hinweis, denn ich möchte die Gedanken der Leserinnen und Leser noch nicht all zu sehr in eine vorgegebene Richtung lenken.
Lösung a: Alle Hotelgäste müssen gleichzeitig die Zimmer verlassen und in das nächste Zimmer ihrerseits einziehen. Dadurch ist das erste Zimmer frei.
Lösung b: Alle Gäste raus, alle alten Zimmernummern werden mit 2 multipliziert. Dadurch werden alle Zimmer mit ungeraden Zahlen frei.
Lösung c: Wie Lösung b, nur mit folgendem Zusatz: Jeder Bus bekommt eine Primzahl als Basis. Jeder Gast des selben Busses erhält dann eine Natürliche Zahl als Potenz. Bsp.: 1. Bus mit 2. Fahrgast = 2 hoch 2 => Zimmer 4.
Dadurch erhält jeder Gast seine individuelle Zimmernummer, weil die Basis eine Primzahl ist.
Hier die Kurzversion:
Lösung a: 1 + inf. = inf.
Lösung b: 2x inf. = inf.
Lösung c: inf. x inf. = inf.
(Anm. zu Lösung C: es gibt auch eine 2. Lösung, die mir momentan nicht einfällt ;-))
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